Alle wollen es, nur wenige können es. Der Grund dafür ist schlicht: Konflikte sind, das zeichnet sie nun mal aus, wirklich unangenehm. Und zwar für alle Beteiligten – auch für den Konfliktmanager. Doch gerade bei diesen Experten wiegt die Angelegenheit schwer. Denn eigentlich sind sie ja dafür zuständig, sozusagen Experten für das Unangenehme. Da kommt es nicht gut, wenn die Berater selbst das Unangenehme vermeiden wollen. Doch genau das geschieht bereits in den Aus- und Weiterbildungen zum Thema, überhaupt in der gesamten theoretischen und praktischen Auseinandersetzung: Sie meiden das Schwierige, Zähe und Anstrengende am Konflikt. Stattdessen werden beinahe immer Konflikte zu Missverständnissen umgedeutet – und mich beschleicht der Eindruck, dass das mit vorsätzlicher Fahrlässigkeit geschieht.
Was das genau bedeutet, zeigt die Anekdote zur Mediation, einer Spielart des Konfliktmanagements: Zwei Schwestern streiten sich um eine Orange. Der erbitterte Streit wird schließlich dadurch beendet, dass sie die Frucht teilen. Die erste Schwester entnimmt ihrer Hälfte den Saft, die zweite hingegen nimmt zum Backen die Schale der zweiten Hälfte. Und der Mediator ruft: „Hättet ihr mich gefragt, wäre das nicht passiert.“ Klar wäre es nicht passiert, denn diese Art von Konflikt ist ein Missverständnis. Und Missverständnisse lassen sich tatsächlich durch mehr und bessere Kommunikation auflösen. Doch was, wenn eine Schwester Orangenkonfitüre kochen will und die andere sie für den Obstsalat braucht?
Es gibt auch ernste Konflikte, in der Politik heißen sie nicht umsonst Ernstfälle. Betrachten wir zwei Unternehmen, die sich um die Interpretation eines Vertrages streiten. Jedes Zugeständnis kostet, man muss hinterher mehr zahlen. Die Claimmanager wissen das ebenso gut, wie die Riskmanager. Der Konflikt wird ernst, weil es eben kein Missverständnis ist. Vergleichbar ist das mit dem rüstungspolitischen Problemen: Die Erhöhung der Sicherheit des einen Staates bedeutet zeitgleich die Verringerung der Sicherheit des Nachbarstaates. Bei Unternehmen geht der Satz dann so: Die erfolgreiche Arbeit des Claimmanagements erhöht die Kosten für den Vertragspartner.
Damit habe ich im Groben umrissen, worum es in diesem Blog gehen wird: Er widmet sich der Theorie und Praxis des Konfliktmanagements. Er wird illustrieren, warum es so wenig gutes Konfliktmanagement gibt und woran es sich erkennen lässt. Er wird die unübersichtliche Landschaft von Methoden, Schulen und Marken durchforsten und erklären. Und er hilft auch beim Verständnis für Konflikte.