Klassisch, also auf dem Server real live, ist das Forum ein offener Platz. Diese Offenheit wurde zur Öffentlichkeit, wo jeder der da war, eben Da war. Er konnte sprechen und gehört werden, sehen und gesehen werden. In kurz lautet die Formel: Forum gleich Öffentlichkeit. Und ohne Forum keine Öffentlichkeit. Wir könnten es auch Foyer nennen oder Lobby oder Artrium. Aber Forum hat sich durchgesetzt.
Anders als die ab 2000 geborenen digital natives verstehen wir als digital fluents noch, was Telefonzellen und wie schwer Telefonbücher sind, wie Karteiregister funktionieren oder wie unübersichtlich Vorlesungsverzeichnisse in Buchform waren. Es sind die Artefakte jener analogen Welt, in der wir aufwuchsen. Wir finden unseren Weg, sowohl mit Atlas, als auch mit google maps. Die ‚Digitalisierung’ nennen wir so, weil wir selbst Teil dieses Prozesses sind. Das Forum hingegen scheint zeitlos – von Altertum bis Zukunft.
Die Analyse ist schlicht: Das Internet ist ein Forum mit vielen kleinen Unterforen. Egal welche Innovation das Internet hervorgebracht hat, das Forum ist eine Konstante. Die klassischen Internet-Foren waren themenzentriert und sind entgegen aller Unkenrufe nicht totzukriegen. Reddit ist die minimalistische Variante davon. Facebook ist ein Forum, das personenzentriert ist. Twitter ist ein Forum, das sich so sehr auf die Beiträge konzentriert, dass sämtliche Struktur weggefallen ist. Youtube ist ein Forum mit audiovisueller Zentrierung. Und Snapchat könnte man als digitalen Salon bezeichnen, in dem Beiträge ebenso flüchtig wie das gesprochene Wort sind. Die Instantmessenger wie Whatsapp sind hingegen keine Foren, sie bilden das unmittelbare Gespräch ab.
E-Mails anderseits greifen die alte bilaterale Form des Gespräches wieder auf. Sie schließen alle anderen aus dem Gespräch aus. Ein Forum hingegen schließt eine größere Gruppe ein, häufig mit einer Teilnehmerzahl, die nach oben hin offen ist. Das ist auch die gesamte Debatte um Nettiquette, Hasskommentare, Zensur und moderierte Kommentare. Sie sind die aktuelle Form einer alten Debatte, die ich unter den Namen flame warz kennenlernte. Und die Erfahrung lehrte: Don’t feed the troll.
Das erstaunliche am Forum ist, dass es die Möglichkeit zum community management eröffnet. Die Gamingindustrie hat das mit als Erste entdeckt, die deutschen Politk dagegen scheint sich mit dieser Entdeckung Zeit zu lassen. Die Neuerfindung des community managementsind Social-Media-PR. Aber sie verkennen die entscheidende Voraussetzung: Community! Klassische PR kennt die Community nicht, sie kennt nur die Öffentlichkeit. Das Forum aber konstituiert eine Gemeinschaft. Nicht umsonst war das Motto des jüngsten Chaos Communication Congress „gated communities“.
Das Internet gliedert sich in Foren, in kleine Öffentlichkeiten, die kleine Gemeinschaften sind. Sie unterliegen allen Regeln von Gemeinschaften. Über Gemeinschaften existiert viel Wissen in der Weltliteratur, wir müssen es nur auf das Internetzeitalter anwenden.