Streit an Weihnachten

Weihnachten. Das Fest der Liebe, der Harmonie und der Familie. Alle kommen zusammen und freuen sich auf die schöne Zeit. Und alle fürchten den Familienkrach.

Ach, wie schön doch Weihnachten wär‘, würd‘ sich keiner streiten mehr.

Doch wünschen allein hilft wenig, wenn man nicht weiß wie. Was also tun?

Schauen wir mal auf die Faktoren, die den Streit zu Weihnachten begünstigen: Emotionale Anspannung, fehlende Generalprobe, viele Personen auf engem Raum mit ungeklärten Rollenverteilungen und Zuständigkeiten, fehlende Absprachen, bestehende Altlasten, Zeit- und Erwartungsdruck, fehlende Regenerationsphasen, hohe Symbolkraft und identitätsstiftende Funktion. Das sind nicht alle, aber genug, um einen Senior-Projektmanager zum Schwitzen zu bekommen. Jedoch gibt es einige Handgriffe, die das Leben leichter machen:

Zentraler Auslöser bleiben immer wieder die ungeklärten Zuständigkeiten: Im Alltag ist zu Hause klar, wer was darf. Es gibt eine klare Ordnung und jeder weiß, welche Tassen in welchen Schrank gehören. Das ändert sich über Nacht, wenn die Verwandtschaft zu Besuch kommt. Auf einmal ist völlig unklar, wer in der Küche das Sagen hat. Und spätestens wenn der Handgriff zum Salz ins Leere geht, gibt es dicke Luft. Schwiegermama hat es halt woanders hingeräumt und spricht man sie darauf an, wird sie zum Schwiegermonster. Alte Rollenmuster kochen hoch und aus Oma wird Mutter, die alle bemuttert – auch und gerade wenn sie es nicht wollen. Schon als Kind wollte man ja nicht, aus gutem Grund. Gute Kandidaten für den richtigen Krach sind auch das Schmücken des Weihnachtsbaumes oder die Tischordnung.

Es geht halt um nichts Geringeres, als um die Frage der Ordnung. Und somit um die Frage, wer das Recht hat, diese Ordnung zu verändern. Das sind staatstragende Fragen, die man idealerweise vorher klärt, spätestens aber kurz nach der Anreise: Wer hat das Sagen und wer hat das letzte Wort. Chef ist, wer in der Küche entscheidet. Und so kommen manchmal alte Rollenmuster hoch.

Eine andere Kiste sind die Altlasten. Man hat sich ja seit letzter Weihnacht nicht mehr gesehen. Aus guten Grund. Und so wurde der Zustand konserviert und man findet sich genau da wieder, wo man aufgehört hatte – Jahr für Jahr. Und alle anderen Familienprobleme möchten sich sehr gerne dazugesellen. Man sieht sich ja so selten, dass  will genutzt sein. Und da eh schon alle aufgeregt sind, kann man ja mal Dampf ablassen. Hier hilft es schlicht, Ventile zu schaffen.

Vielleicht trifft man sich einen Tag vorher. Oder ganz jenseits der anspruchsvollen weihnachtlichen Umgebung. Mit Ansage: Wir besprechen das nicht zu Weihnachten, sondern davor oder danach. Das Risiko bleibt allerdings, dass aus einem Verschoben ein Aufgehoben wird. Und dann sucht sich der aufgestaute Streit einen guten Ort, wenn alle zusammenkommen und eh schon angespannt sind.

Schließlich eröffnet das eine scheinbar einfache Einsicht: Das Fest der Liebe ist auch ein Fest der Anspannung. Es hilft nichts, Weihnachten kennt einen klaren und festen Ablauf. Weihnachten ohne Stress wäre Weihnachten ohne Bedeutung. Der Stress darf sein, muss sogar sein – sonst gibt es keine Aufregung, keine Freude und Vorfreude. Erlauben Sie sich, gestresst zu sein. Erlauben Sie es auch den anderen und seien Sie nachsichtig mit Ihnen. Und schauen Sie, wo sie gezielt Regenerationsphasen einbauen. Einen Spaziergang, ein Nickerchen, ein Plausch oder einfach nur einen Blick auf den Weihnachtsbaum.

In diesem Sinne: Frohe Weihnacht!

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